Der Mensch und Maler Peter Demetz |
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Geboren wurde er am 28. Juni 1913 in St. Ulrich/Gröden als Sohn des Siegfried da Fëur und der Franziska Mauroner da Gustin. Beide Elternteile stammten aus wohlhabenden Verlegerfamilien. Durch die damaligen Kriegs- und Notzeiten fanden die sieben Söhne und Töchter keinen Wohlstand vor, dafür wurde ihnen in der Familie die Freude am Schönen, an der Kunst und an der Natur geweckt. Die Kindheit brachte für Peter nichts außergewöhnliches, doch hatte das Erlebnis des ersten Weltkrieges im Unterbewußtsein den jungen Menschen mitgeformt. Bei der Berufswahl traten die ersten Schwierigkeiten auf, wollte ihn doch sein Vater in ein Franziskanerkloster zum Studium der Theologie geben, wogegen sich der Junge sträubte. Auch der Versuch einer Lehre bei einem “Tortenmacher” in Brixen scheiterte schon zu Beginn. Da wollte es der Zufall, daß der Maler und Fachlehrer Jacovino sein Atelier im Hause Demetz hatte, und dieser Maler drückte einmal dem neugierigen Jungen einen Pinsel in die Hand und meinte, er solle es probieren. Dieser Weg kam den Vorstellungen von Peter Demetz schon näher, hatte er ja bereits eine ausgesprochene Begabung zum Zeichnen bewiesen. Daraufhin kam er in die Lehre als Faßmaler zu Luis Moroder da Vidalonch, in dessen Werkstätte er in den Gebrauch der Farben und der Bemalung von Figuren eingeführt wurde. Daneben eignete er sich durch Weiterbildung im Zeichnen und Malen sowie durch den Besuch der Kunstschule in St. Ulrich das an, was ihm auch außer seinem “Brotberuf” nützlich war. Die eher eintönige Werkstattarbeit befriedigte ihn nicht, es drängte ihn nach einer persönlichen Aussage, nach innerer Freiheit. Er nützte jede Gelegenheit, mit der Palette in die berge zu ziehen, um die leuchtendeh Felsen und Matten auf Papier und Leinwand festzuhalten. Und dieser Drang nach den Bergen steigerte sich immer mehr. Bei diesen Wanderungen lernte er Hubert Hellweger, den damaligen Leiter der Sparkasse in St. Ulrich, kennen, und beide fanden in der Stille der Almen einen Ausdruck ihrer künstlerischen Gesinnung und viel Freude am malerischen Tun. Für Peter Demetz kam 1934 die Zeit des Militärdienstes. Die Härte des Soldatenlebens hätte er ohne Murren hingenommen, aber die Einschränkung der persönlichen Freiheit bedrückte ihn sehr. Daß es ihn zur Ableistung dieses Dienstes nach Aosta, in mitten der mächtigen Viertausender, verschlagen hatte, war ein kleiner Trost. Zudem konnte er eine Zeitlang seinem Beruf nachgehen und für das Museum an der "Scuola militare di Alpinismo" die geschnitzten Darstellungen der verschiedenartigen Techniken in Fels und Eis bemalen. Diese Arbeiten dienten zur Schulung bei der Ausbildung der Militaristen. Nach seiner Rückkehr in die Heimat im März 1936 widmete sich Peter Demetz neben dem Berufe noch intensiver der Landschaftsmalerei, und die darauffolgenden Jahre dürften im künstlerischen Sinne wohl zu den fruchtbarsten zählen. Die jetzt bewußt erlebte Freiheit drückte sich in seinen Bildern auch großzügig aus. Bei den Wanderungen durch die Berge verbrachte Demetz viele Stunden bei Gesang und Gitarrenspiel in froher Runde, besonders wenn es in einer Almhütte sein konnte. Mit Begeisterung sang und jodelte er mit seiner klaren Tenorstimme und freute sich, wenn seine Brüder und sein Vetter Zenz da Fëur, der spätere Opernsänger, mit einstimmten. Fand er einen Seilgefährten, der ihn auf einer zünftigen Kletterei begleitete, so war es ihm, als lösten sich alle Fesseln des Alltags, und er war glücklich seine Freizeit in luftiger Höhe verbringen zu dürfen, weg von der hastigen Geschäftigkeit und dem unnötigen Lärm. Daher flüchtete Demetz mit seinen Malutensilien häufig in die Bergeinsamkeit, das Malen war eine Liebeserklärung an die heimatlichen Berge. Er bewunderte nicht nur die Natur, er fühlte sich fast als deren Wächter, und das zu einer Zeit, als der Begriff Umweltschützer noch gar nicht geläufig war. In diesem Sinne war es ihm nicht wichtig, daß seine Malerei in eine künstlerische Strömung eingereiht werde. Einen Vorstoß ins Moderne oder Abstrakte hatte er nie gewagt, oder wahrscheinlich nie gewollt, zu groß war seine Ehrfurcht vor der Natur. Wie viele seiner Zeitgenossen litt auch er in der unheilvollen Zeit der südtiroler Option. Zur eigenen Gesinnung zu stehen und die Heimat verlassen zu sollen, schien ihm unvereinbar, und damit wurde er wie viele Südtiroler vor eine unmenschliche Entscheidung gestellt, die von den meisten als ebenso brutal empfunden wurde wie der darauffolgende Weltkrieg. Peter Demetz mußte nicht gleich einrücken, und so fand er im malerischen Erleben der Berge stille Freude und Trost in jenen düsteren Tagen. Er zeigte seine Aquarelle mit Erfolg auf einer Ausstellung in München. Auch bei den Gau-Ausstellungen in Innsbruck war er öfters vertreten und fand dabei gute Aufnahme und positive Kritik. Trotz des undurchsichtigen Zeitgeschehens entschloß sich Peter Demetz zur Heirat und führte im Sommer 1943 Anna Wegleiter als seine Frau in sein Heim. Dieser Ehe entsprossen dann sechs Kinder. Schon im darauffolgenden Herbst wurde Demetz zum Kriegsdienst eingezogen, zuerst wurde er als Dolmetscher ausgebildet und dann als solcher eingesetzt. Bei Kriegsende im April 1945 kam er nach Modena in Gefangenschaft und kehrte erst im Spätherbst nach St. Ulrich zurück. Wegen seiner reichen Erfahrung in den Maltechniken und wegen seines ausgeprägten Farbempfindens berief man ihn 1948 als Fachlehrer an die Kunstschule nach Wolkenstein. Er lehrte dort Zeichnen und Malen, und unterwies die Jugentlichen in Materialkunde. Letzteres hatte er nicht so sehr aus Büchern geschöpft, sondern in langjähriger Praxis erarbeitet, und er konnte es seinen Schülern glaubwürdig weitergeben. Neben dem Schuldienst gab er sich in der Freizeit weiterhin mit den Landschaftsstudien ab. Auch wurde er von den Fremdenverkehrsämtern des Tales mit der Ausführung großer Landschaftsreliefs und Orientierungstafeln beauftragt, die nicht nur malerische Ansprüche stellten, sondern auch umfassende Kenntnis der Landschaft erforderten. Diese Aufgaben meisterte er vorbildlich. Es ist noch zu erwähnen, das er nach dem Kriege als Mitglied des Südtiroler Künstlerbundes öfters in Bozen ausstellte, zur selben Zeit war er auch auf den Ausstellungen des Kreises der Kunstschaffenden in St. Ulrich mit seinen frohen Landschaften vertreten. In späteren Jahren wollte er nicht mehr ausstellen, aber seine Bilder sind einem in Privathäusern und Gasthöfen immer wieder begegnet und erfreuen heute noch die Menschen. Anläßlich des 10. Jahrestages seines Todes wurde 1987 in einer Sonderschau im Grödner Heimatmuseum eine gute Auswahl aus seinem Schaffen gezeigt. Im Jahre 1966 verließ er den Schuldienst in Wolkenstein und besetzte 1967 die gleiche Stelle an der Kunstschule in St. Ulrich, wo er bis zu seinem Tode sein Wissen an die Jugend weitergab. Bei seiner idealistischen Einstellung war es verständlich, daß er freundschaftliche Verbindung mit Gleichgesinnten fand, einer davon war der bekannte Heimatforscher und Schriftsteller Karl Felix Wolff, den er sehr schätzte. Auch mit seinem Landsmann Luis Trenker, Filmdarsteller und Regisseur, verstand er sich bestens. Sie trafen sich öfters bei Bergwanderungen und auf Schitouren und verbrachten auf Schutzhütten manche gemütliche Stunde. Peter Demetz hatte für die Dolomiten nicht nur einen malerischen Blick, ihn interessierte es auch, wie sich diese bizarren Felstürme gebildet haben. Durch intensives privates Studium eignete er sich ein tiefes Wissen über die geologische Beschaffenheit des heimatlichen Bodens und der alpenländischen Flora an, das selbst von Fachleuten anerkannt wurde. In öffentlichen Vorträgen und unter Zuhilfenahme eigener Diabilder führte er Schüler, Landsleute und Urlaubsgäste in dieses bisher wenig beachtete Wissensgebiet ein. Bei solchen Gelegenheiten gab er den Zuhörern auch zu verstehen, daß sie die Schöpfung, vor allem dieses schöne Stück Erde, lieben und erhalten sollten und nicht dem Ausverkauf preisgeben dürften. Im Grunde war er eine frohe Natur, aber wenn sich Menschen aus unersättlicher Habgier am heimatlichen Boden vergriffen, konnte er böse werden. Es war für ihn enttäuschend, erleben zu müssen, mit welcher Oberflächlichkeit und Teilnahmslosigkeit breite Schichten der Menschen dem Leben begegnen, ohne Rücksicht darauf, den kommenden Generationen eine lebenswerte Bleibe zu hinterlassen. Diese Gedanken quälten ihn sehr und bereiteten ihm viel Sorge. Da kommt einem das Bild "Menschen" von Egger-Lienz in den Sinn, von dem Josef Soyka sagt: "Die unter dem Erdenlos ächzende und stöhnende Kreatur, deren vergebliches Emporstreben, deren verzweifeltes Ringen zur Höhe, dem schließlich das schmerzvolle, ohnmächtige Versinken in die Gebundenheit der Erde folgt". In mancher Beziehung ist Demetz ein Einsamer geblieben, hat aber die Notwendigkeit eingesehen, sich für die Heimat einzusetzen. Im südtiroler Alpenverein - Club Alpino Italiano war er länger führend tätig und hielt für deren Mitglieder verschiedentlich Vorträge. Er arbeitete im Ausschuß des Grödner Heimatmuseums mit und stellte für dessen Aufbau seine Kraft und Erfahrung zur Verfügung. An der Gründung wie an der Führung des Vereins für Trachten und Brauchtum in St. Ulrich war er maßgebend beteiligt. In diesen Kreisen fand er Gleichgesinnte, denen der Erhalt einer liebenswerten Heimat und echter Kultur am Herzen lag. Er ahnte früh, daß die Heimat in dieser Beziehung in Gefahr war. Noch war er eifrig mit seinen Forschungen beschäftigt und wollte in der freien Natur noch unberührte Winkel ausfindig machen, um diese auf ein Bild zu übertragen, da versagte vorzeitig sein Körper, der Atem wurde kürzer. Trotz aller Anstrengung schaffte er es nicht mehr, auf die Höhe zu steigen. Das machte ihm in den letzten Monaten das Leben schwer. Nicht nur zum Erleben und Erwandern, und nicht nur zum Malen, sondern zum Leben brauchte er die Berge. Am Allerheiligentag 1977 mußte er seine Erdenwanderung beenden. Es war ein sinnvolles, ein erfülltes Leben.
Rudolf Moroder-Rudolfine |